Dienstag, 25. Oktober 2011

#19// Rattenbabies und Trauer.

Obwohl ich nicht mehr damit rechnete hat Madame Winzig nun doch noch 12 Babies auf die Welt gebracht.
Ich bin ganz stolz auf meine kleine Maus. Und die Babies sind wirklich zuckersüß.

Nur leider rückt damit der Tag, der Abgabe immer näher. In vier, fünf Wochen wird Madame Winzig mit ihren Mädels zu ihrer neuen Mama ziehen. Und ich bin mir ganz sicher, dass ihre neue Mama sich ganz liebevoll und toll um sie kümmern wird!
Ich bin dankbar, solange Madame Winzigs Pflegemama gewesen zu sein. Oder, die paar Wochen jetzt immer noch zu sein.
Madame Winzig ist eine der wundervollsten Ratten, die ich je kennenlernen durfte. Sie ist neugierig, zutraulich und verspielt. Schmusen mag sie aber nicht so richtig. Da ist sie noch etwas zu wild zu. Immer am Rennen, die kleine Maus. :D Immer muss alles ausgekundschaftet werden. Und eine Ausbruchskünstlerin ist sie auch. Vor ihr ist keine Käfigtür sicher. Und Auslaufabsperrungen? Da lacht sie drüber! :D
Selbst jetzt, wo sie 12 kleine Babies zu versorgen hat, ist sie zutraulich wie eh und je. Sie läuft sofort ans Gitter, wenn sie meine Stimme hört. Wenn sie im Auslauf mal auf meinem Schoß still hält, putzt sie auch total gerne meine Hände. Und knabbert ganz viel. Man kann sich ja nie sicher sein, ob die nicht doch essbar sind. :D Aber sie knabbert immer ganz zärtlich und vorsichtig. Und habe ich mal Vitaminpaste an den Fingern, stürzt sie sich freudig darauf.
Und als Dankeschön bleibt sie dann auch ein paar Minuten sitzen und schleckt meine Finger weiter ab.
Hochnehmen findet Madame auch okay. Nur Streicheln mag sie nicht so. Lange still sitzen? Außer um Mamas Hände sauber zu machen oder was leckeres zu mampfen - keine Chance!
Jetzt grade, wo ich diesen Text schreibe, merke ich mal wieder wie sehr mir die Kleine ans Herz gewachsen ist. Mir laufen die Tränen nur so übers Gesicht, jetzt schon. Dabei habe ich doch noch knappe fünf Wochen mit ihr.

Ich weiß, dass ich sie nicht behalten kann. Das ist einfach unmöglich. Ich könnte ihr hier nicht das bieten, was sie braucht. Denn ich habe leider weder den Platz, noch die Zeit um zwei Rudel zu halten. Und ich möchte nicht, dass so ein Unfall nochmal passiert und wieder eine Ratte trächtig ist. Nein, das geht nicht.



Ich weiß, dass ihre neue Mama ihr ein tolles Zuhause bieten wird. Mit Spielkameraden - endlich! Und ich hoffe, Madame Winzig wird ihre neue Mama genau so glücklich machen wie mich.
Jetzt weiß ich nicht mehr was ich schreiben soll. Aber es hat gut getan, meine Gedanken zu diesem tollen Rättchen mal aufzuschreiben.

Dienstag, 18. Oktober 2011

#18// .. Übelkeit. Schlaflosigkeit. Dreck.

Ich bin unglaublich müde. Aber schlafen geht nicht.
Mir ist richtig schlecht. Bauchschmerzen.

Bronchitis, Blasenentzündung. Und dann auch noch ne Magenschleimhautentzündung, wahrscheinlich von zu viel Antibiotika. Aber ohne werd ich nicht gesund.
Jetzt gibts Antibiotika, nen Magenschutz und Nux Vomica und irgend welche Tropfen gegen die Übelkeit.

Aber allein schon beim Gedanken an die ganzen Medikamente wird mir wieder schlecht.
Wenigstens bin ich morgen noch krank geschrieben. Aber dann wieder Schule.
Super. Ich weiß jetzt echt noch nicht wie ich das machen soll.
Ich will grade noch nicht mal rauchen. Ich weiß, wenn ich ne Kippe anmachen, werde ich danach kotzen.
Schlafen kann ich auch nicht.
Ach. Wasever.

Jetzt noch bisschen fernsehen (nachts läuft nur Schrott) und mein neues Buch lesen.
Dann meinen Freund wecken. Kuscheln. <3 Dann kann ich auch endlich schlafen.
Ich will ihn heiraten. Ach, es ist herrlich diese Teenager-Naivität mal voll auszuleben.

Sonntag, 16. Oktober 2011

#17// Willkommen zu Hause

Tränenreicher Streit. Ende.
Kein Wort mehr gesagt. Von meiner Seite.
Er. Redet auf mich ein.
Ich sitze. Lächelnd. Augen geschlossen, immer wieder.
Er. Redet weiter auf mich ein.
Mein Gesicht in seinen Händen.Zwingt mich ihn anzuschauen.
Ich lächle. Maske.
Er erkennt es.
Fragt was los ist.
Ich sage nichts. Kann nichts sagen. Alles zuviel.
Schüttle den Kopf. Lächle.
"Weg mit der Maske!" Er.
Lächle weiter.
Er redet. Redet. Versucht mich da raus zu kriegen.
Ich schaff es nicht alleine.
Nichts hilft.
Dann ...
Er gibt mir eine Zigarette.
Fühle mich zu schwach dazu. Benutze meine Hände nicht.
Ziehe, lasse die Zigarette im Mund und den Rauch durch meine Lippen wieder entweichen.
Er fängt an zu lachen. Sagt "Mach sie mal auf die linke Seite. Dann bist du so cool wie ich."
Ich tue was er sagt. Zigarette im Mund. Bloß nicht fallen lassen. Ziehe. Lasse Rauch entweichen.
Fange an zu lachen. Er lacht mit mir.
Seine Stirn an meiner Stirn. Wir lachen.
Dann ...
 Tränen tropfen aus meinen Augen. Wie kommen die da hin?
Das aufgesetzte Lächeln, die Maske - verschwunden.
Er nimmt mich in den Arm. Hält mich.
Er sagt "Jetzt bist du so cool wie ich!"
Ich lächle unter Tränen.
Er sagt "Meine Kleine lächelt! Was war das? War da ein Lächeln? Hat meine Prinzessin gelächelt?"
Ich muss lachen.
"Gleich wein ich mit dir. Du lächelst ja! Was ist denn da passiert?"
Wir lachen. Er lehnt sich mit dem Rücken an die Wand, sitzend.
Zieht mich zu sich her. Ich an seiner Brust.
Geborgenheit. Glück. Unendlich viel Liebe.
Küsst meine Nasenspitze. "Hey, Willkommen zu Hause!"
Zu schön, dieser Moment, um ihn in Worte zu fassen.
Liebe.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

#16//.. Dannie

Ich habe einen wundervollen Vater. Er kennt mich seit ich 7 Monate alt bin. Und egal ob er biologisch gesehen nun mein Elternteil ist - er war ist und wird immer mein Papa sein. Ich bin unglaublich dankbar so einen tollen Vater zu haben und unglaublich dankbar, dass er mich sofort als seine eigene Tochter gesehen hat. Dass meine Großeltern mich als ihr Enkelkind sehen, obwohl das biologisch gesehen nicht richtig ist. Aber das war immer egal. Und ich bin wirklich unendlich dankbar so eine wundervolle Familie zu haben. Aber darum soll es in diesem Post nicht gehen.

Es geht um Dannie. Meinen leiblichen Vater. Daniele.
Das letzte mal habe ich ihn gesehen, ich glaube da war ich so 2, 3 Jahre alt.
Ich weiß, dass er mich geliebt hat. Weiß es aus Erzählungen meiner Mama. Weiß es, weil ich Bilder gesehen habe, die das beweisen. Bilder auf denen er stolz Babykleidung in die Kamera hält. Bilder auf denen er lächelt und mich als kleines dickes Baby im Arm hält.
Aber dann kam das Heroin.
Ich bin nicht wütend auf ihn. Vielleicht war ich es.
Aber ich verstehe es heute. Ich verstehe nicht, warum er damit angefangen hat. Nein, das werde ich wohl nie verstehen.
Aber ich verstehe, warum er nicht mehr für sein einziges Kind da sein konnte. Warum er mich im Stich gelassen hat.
Ich weiß jetzt was Drogen aus Menschen machen können. Der Körper verfällt langsam. Aber die Seele ist viel schneller kaputt. Alles dreht sich nur noch um den Stoff. Klar, er hatte kein Geld um mich mal besuchen zu kommen. Konnte sich keinen Flug leisten, von Italien nach Deutschland.

Ich kann mich erinnern ihn mal getroffen zu haben. Ich glaube das war in diesem Märchengarten, in dem ich auch später als Kind noch manchmal mit meinen Eltern war. Zumindest ist es in meiner Erinnerung so. In meiner Erinnerung hat er mir eine Puppe geschenkt. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ich hätte diese Puppe so gerne noch. Sie ist bei irgend einem Umzug verloren gegangen. Und er hat mir diese Liebesperlen gekauft. Die es in diesen kleinen Fläschen gibt. Diese Zuckerdinger. Die hab ich schon seit Jahren nicht mehr gegessen. Aber als Kind hab ich sie geliebt.
Er hat sich umgebracht, als ich acht war. Ich hatte nie die Chance ihn richtig kennenzulernen. Ja, ich habe einen tollen Papa. Der auch durch niemanden ersetzbar ist. Aber dennoch hätte ich gerne gewusst wie er so war. Vielleicht hätte es mir etwas darüber gesagt, warum ich bin wie ich bin. Auch wenn ich denke, dass der Charakter eines Menschen zum Einen einfach die eigene Veranlagung ist, die Erziehung und das Umfeld. Aber die Gene sind da vielleicht auch nicht ganz unwichtig. Ja, ich hätte ihn gerne besser gekannt.
Aber er hat sich umgebracht. Zu dem Song Lake of Fire von Nirvana. Ich weiß das, denn man hat ihn in seiner Wohnung gefunden während das Lied in Dauerschleife lief. Er hat sich eine Überdosis verpasst. Und wenn man so lange Heroinabhängig war wie er, passiert das nicht versehentlich.
Wahrscheinlich war sein Leben durch die Abhängigkeit nicht mehr lebenswert. Aber genau weiß ich es nicht. Ich weiß viel zu wenig ...
Komisch ist, das ich das Lied liebe. Lake of Fire. Ich liebe Nirvana. Und ich höre den Song so gerne. Obwohl ich jedes mal an ihn denken muss, natürlich.
Ich frage mich, warum er dieses Lied gewählt hat. Er scheint nicht sonderlich gut von sich selbst gedacht zu haben. Was irgendwie Sinn ergibt, wenn man sich umbringen will.
Die beiden ersten Sätze des Songs, bzw der ganze Refrain macht mich nachdenklich. "Where do bad folks go when they die? They don't go to heaven where the angels fly " Warum "bad folks"? Warum dachte er, er sei ein schlechter Mensch?
Er kann kein schlechter Mensch gewesen sein. Sonst hätte meine Mama ihn nicht so sehr geliebt. Meine Mama ist die Gutherzigste Person die ich kenne. Sie hätte keinen schlechten Menschen lieben können.
Ich frage mich oft wie es wäre, würde er noch leben. Wahrscheinlich hätten wir auch nicht wirklich viel Kontakt.
Ich erinnere mich an eine Situation in meiner Kindheit. Ich wollte immer, dass mein Papa mich adoptiert, was er bis heute nicht gemacht hat, aber das intressiert mich jetzt nicht mehr.
Jedenfalls habe ich mich mit meinem Papa unterhalten. Und er meinte, dass ich ja noch einen Vater habe. Und der bestimmt etwas dagegen hätte. Ich habe mir gewünscht er wäre tot, mein leiblicher Vater.
Abends kam meine Mama zu mir. Sie hat gemeint "Ich muss dir was erzählen. Alle haben gesagt, ich solls dir noch nicht sagen. Aber ich muss es dir erzählen." in diesem Moment habe ich gedacht "Bitte sag, dass er tot ist!" das weiß ich noch genau. Als sie es dann ausgesprochen hatte. Als sie gesagt hatte "Dannie ist gestorben" saß ich erstmal nur da. Habe "Okay" gesagt. Dann haben wir geweint, meine Mama und ich. Sehr lange saßen wir nur auf dem Sofa und haben geweint. Zur Beerdigung durfte ich nicht, obwohl ich gewohlt hätte. Ich sei zu jung.
An eine andere Situation kann ich mich noch erinnern. Ein Telefongespräch mit Dannie. Ein sehr kurzes. In meiner Erinnerung ist dieses Telefonat kurz vor seinem Tod gewesen.
Er fragte mich auf deutsch, mit sehr starkem Akezent, dass er mich an Weihnachten besuchen würde. Er fragte was ich mir denn wünsche. Ein Lernspiel, wollte ich kleine Streberin haben. (Zumindest damals war ich noch sehr fleißig) Er wusste nicht was ein Lernspiel ist, also gab ich das Telefon wieder meiner Mama, die es ihm erklärte.
Er war an Weihnachten nicht da. Meine Mama sagte mir, er habe nicht genug Geld gehabt.
Kurze Zeit später war er tot.

Ich muss jetzt aufhören zu schreiben. Auch wenn ich ihn nicht richtig kannte und er schon so lange tot ist, bald 10 Jahre, macht mich das Thema immer noch sehr traurig. Ich sollte mal wieder nach Italien, zu seinem Grab.
Ich wollte nicht so durcheinander schreiben, aber ich bin grade nicht so ganz da ...
Ich gehe schlafen.

#15//.. Wahnsinn. / Alltag.

Warmen Tee schlürfend sitze ich hier.
Gleich nochmal eine Zigarette anzünden, befriedigend für die Sucht.
Dann raus.
Kalt. Straßenlaternenlicht. Autoscheinwerfer.
Werde frieren in Wollkleid und Feinstrumpfhose.
Aber mir war danach, das heute trotz der Temperaturen anzuziehen.
Also getan.
Halbe Stunde vor dem Spiegel verbracht.
Wimpern tuschen, Parfüm, Haare machen.
Meiste Zeit davon an meinem Schal rumgezupft.
"Übertrage Flamme durch Inhalation auf ein Billigtabakprodukt"
Dirk Bernemann - Ich hab die Unschuld kotzen sehen.Ratten machen Krach. Verlangen nach Aufmerksamkeit.
Später kurzes "Tschüss" in die Runde gerufen.
Er wird sie füttern.
Werde im Bus sitzen.
Musik an. Welt aus.
Später beim Bäcker in der Schlange stehen.
Eine heiße Schokolade, drei helle Brezeln. Bitte.
Dann S-Bahn. Wieder Bus.
Werde an der Schule ankommen.
Alltag erwartet mich.
In der Mittagspause dankend auf den Mensafraß verzichten.
Vielleicht kurz zum Italiener. Wahrscheinlich Brezel essen.
Zwischendurch: Viele Zigaretten. Eistee schlürfend.
Später: Nach hause fahren.
Wartend am Bahnhof. Zigaretten rauchend. Musik hörend.
Realitätsverdrängung auf die alltägliche Art.
Zuhause: Ratten bespaßen. Fernsehen. Hausaufgaben. Mit ihm kuscheln. Schlafen.
Dann: Alles von vorn.

Der alltägliche Wahnsinn.

(Ich bin ne verdammte Künstlerin!)